Value Added Services (VAS) - Erfolgsfaktoren in E-Commerce & Logistik

Gerade in Zeiten des E-Commerce, in denen Händler und Hersteller in einem intensiven Wettbewerbsumfeld bestehen müssen, muss Fulfillment heutzutage viel mehr leisten, als nur Produkte zu lagern, zu kommissionieren und zu verschicken. Es braucht jenseits von Güterbeförderung und -lagerung vielmehr die so genannten Mehrwertdienste, englisch Value Added Services (VAS). 

Das Ziel dabei: die Marge optimieren oder Wettbewerbsvorteile durch Preis-Optimierungen zu erreichen und so das eigene Unternehmen erfolgreicher zu machen.

Value Added Services als Fulfillment-Leistungen reichen dabei von einer einfachen Etikettierung bis zum Retourenmanagement, vom Umpacken oder Abfüllen bis zum Callcenter. Sie spielten früher als Zusatzleistungen des Fulfillments eher eine Nebenrolle, sind aber heute oft zentrale Anforderungen an Fulfillment und Fufillment-Diensteleister.
 

Ziele & Vorteile von VA-Services in Fulfillment und E-Commerce

Es gibt zwei wesentliche Gründe, VAS-Leistungen im Rahmen des Fulfillments zu nutzen: einerseits Vorteile aus Marketingsicht, zum anderen Kosten- und Effizienzgründe.

Mit Value Added Services erreichbare Ziele

Zum einen können mit VAS direkte Marketingziele erreicht werden. Dazu zählt beispielsweise die Erhöhung des Warenkorbwertes, indem durch Bundling/Set-Bildung zusätzliche Produkte an Kunden abgesetzt werden können, die ein Kunde ansonsten nicht gekauft hätte. Oder man entkommt durch Bundle-Angebote ein gutes Stück der hohen Preisvergleichbarkeit im Internet.

Aber auch Kostenersparnisse, die durch andere verschiedene Value Added Services erreicht werden können, liefern das Potential, bei gleich bleibender Marge die Preise zu senken und sich so im preissensitiven Wettbewerbsumfeld des E-Commerce besser zu positionieren.

In eine andere Richtung zeigen die Ziele der Margen-Optimierung und damit der Ertragssteigerung des Unternehmens. Auch hierfür lassen sich Value Added Services einsetzen, indem mit deren Hilfe Kostenspar-Potentiale, z.B. in der Logistik, gehoben werden.

Einschub: Studien & theoretische Hintergründe

Sind die eben genannten Ziele und Vorteile von VAS nur Behauptungen oder lassen sich diese auch theoretisch begründen? Wir wollen hier (zumindest ein paar erste) Hinweise auf die zugehörige Forschung geben.

  • Die Verbindung des Averaging-Urteilsprinzip aus der Information Integration Theory (Norman Anderson) mit dem Imagetransfer-Modell (Günther Schweiger) liefern Hinweise darauf, das Bündel aus einem Image-starken und einem Image-schwachen Produkt in der Summe zu einer Gesamt-Aufwertung der Beurteilung bei Kunden führen. Oder anders gesagt: der vom Kunden wahrgenommene Wert des Bundles ist in einem solchen Fall höher als die Summe der Werte der beiden Einzelprodukte. Das führt zu einer Kaufmotivation oder kann sich auf die Preisgestaltung auswirken.
     
  • Der psychologische Effekt der Loss Aversion führt dazu, dass Konsumenten Verluste als wichtiger einschätzen als (gleich große) Gewinne. Stellt man Bundles also so dar, dass man bei Einzelkauf etwas verlieren würde (weil der Preis des Einzelkaufs in Summe deutlich höher wäre und man den im Bundle enthaltenen Rabatt verlieren würde), dann ist das - selbst bei rechnerisch exakt gleicher Höhe - wirkungsvoller, als der vom Kunden empfundene Gewinn eines Rabatts. Daher am besten Bundles immer bewerben im Sinne von "verlieren Sie nicht den Preisvorteil durch dieses Bundle" (oder ähnliche Formulierungen.

Diese zwei Theorien können natürlich nur ein beispielhafter Einblick sein in die komplexen psychologischen Hintergründe. Der Sinn und die Wirkung von Value Added Services lassen sich aber auf solchen Wegen auch wissenschaftlich belegen.

Marketing und Wettbewerbssituation durch VAS-Leistungen verbessern

Im E-Commerce ist jedem Anbieter klar: Produkte sind vom Kunden leicht auffindbar und schnell vergleichbar. Das führt zu intensivem Wettbewerb und Druck auf die Preise. Für Anbieter gilt es also, diesem Wettbewerbsdruck so gut wie möglich auszuweichen und beim Kunden aus der Masse der Anbieter heraus zu ragen.

Value Added Services sind dabei oft die Basis, um erfolgsbewährte Strategien im E-Commerce umzusetzen. Sie können helfen, der großen Vergleichbarkeit auszuweichen. Das kann beispielsweise durch Bundle-Bildung, Eigenmarken oder Beigaben erfolgen. Hier nur rein beispielhaft einmal drei Ansätze, um der Preisvergleichbarkeit des Internets (mit Hilfe von Value Added Services im Fulfillment) zu entkommen:

  • Bundling/Sortimentsbildung
    Kombinieren Sie mehrere Einzelprodukte zu einem neuen Produkt. Das können verschiedene Einzelprodukte (z. B. Bundle aus Seife und Seifenschale, Schuhe inkl. passender Socken oder eine Partybox für den Kindergeburtstag) ebenso sein, wie Bundles des gleichen Produkts (3er-Packs etc.).
    • Vorteile im Marketing: für solche (gebundelte) Produkte gibt es oft keinen Preisvergleich oder zumindest eine geringere Anzahl Wettbewerbsangebote, deren Preis sofort vergleichbar ist. Zum anderen können Sie in Ihrem Onlineshop durch solche Bundles Ihren Warenkorbwert erhöhen.
    • Vorteile von Bundling als VAS im Fullfilment: Die Bundles lassen sich entweder rein "virtuelle" Produkte führen, die je nach Bedarf aus den sowieso gelagerten Einzelprodukten zusammengestellt werden, oder als neue Artikel im Vorfeld gepackt und direkt abrufbar gelagert. Beides, je nach Gängigkeit des Bundles, spart Aufwand, Kosten und bringt Flexibilität. Wichtig ist für das virtuelle Bundle allerdings eine gute und flexible IT.
  • Eigenmarkenprodukte
    Eigenmarken-Produkte mit eigener EAN-Nummer können Händlern Vorteile in Preisvergleichsportalen oder auf Marktplätzen bieten. Optimal sind zwar ganz eigenentwickelte Eigenmarkenprodukte, aber in einem ersten Schritt ist oft das Etikettieren bzw. Umetikettieren der Produktverpackung ein erster Schritt, zu Eigenmarken zu kommen.
    • Vorteile im Marketing: Vermeidung der Preisvergleichbarkeit. Mittelfristig erfolgt so auch der Aufbau von eigenen Kundenbeziehungen und verstärkter Kundenbindung.
    • Vorteile, als VAS: Eine erhöhte Flexibilität bei oft gleichzeitiger Kosteneffizienz.
  • Individualisierungen als Veredelung
    Der Trend hin zu individualisierten Produkten ist bei den Konsumenten seit Jahrzehnten ungebrochen: immer mehr Produkte werden graviert, auf Wunsch zusammengestellt oder ähnliches. Das Angebot solcher individualisierter Produkte führt zu höherem Involvement (und damit geringerer Preissensibilität beim Kunden), deutlich geringerer Vergleichbarkeit mit Wettbewerbsangeboten als auch zu geringen Retourenquoten und -kosten. Viele solcher Individualisierungen lassen sich gut und auch günstig innerhalb des Fulfillment-Prozesses als Value Added Services umsetzen. 

Kostenersparnis durch VAS-Leistungen

Kosten lassen sich im Fulfillment an vielen Stellen sparen - oft mit Value Added Services. Das mag sich auf den ersten Blick wie ein Widerspruch anhören: zusätzliche Leistungen buchen oder im eigenen Lager aufbauen, um dann aber zu sparen. Auf den zweiten Blick zeigt sich aber: die gesparten Kosten sind oft höher als die Value Added Services selbst Kosten verursachen - so dass am Ende wirklich geringe Gesamtkosten stehen. Zwei Beispiele:

  • Fehlerhafte Produkte vermeiden
    Defekte oder anders fehlerhafte Produkte können schnell teuer für Sie den Anbieter werden. Der eigentliche Warenwert ist dabei oft noch das kleinste Problem. Es folgen aber deutlicher Personal- und Kostenaufwand - umso höher, je später der Mangel erkannt wird. Und hat man als Händler ein fehlerhaftes Produkt sogar schon an den Kunden geliefert, sind hohe Kosten für die Retourenabwicklung sicher. Ganz zu schweigen von der Verärgerung eines (ansonsten vielleicht eigentlich zufriedenen Kunden). So kann ein Qualitätsmangel schnell sogar zukünftige Umsatzverluste verursachen.
    Frühzeitige Erkennung von Mängeln ist daher bares Geld wert. Eine Qualitätskontrolle (von einfacher, schneller Sichtprüfung bis zur umfassenden Funktionsprüfung) sind als Value Added Services daher sehr wertvoll und kosteneffizient im Fulfillment.
     
  • Kostensenkung durch Aufbereitung von Retouren
    E-Commerce ohne Retouren, das geht fast nicht. Denn schon gesetzlich steht dem Kunden ein Rücksenderecht zu - ganz abgesehen von der Wirkung auf die Kundenbindung bei einem kulanten Umgang damit. Dieses Retourenmanagement ist aber teuer für den Versender und gerade auch der Wertverlust der zurück gesendeten Waren spielt dabei eine große Rolle.
    Durch ein hochwertiges Refreshing als Value Added Service können hier aber Wertverluste vermieden werden, indem der größtmögliche Teil der Retouren wieder in den Verkaufsprozess eingeschleust wird - sei es als Neuware oder zumindest reduziert als Rückläufer. Sie vermeiden Umsatzausfälle und dazu sparen Sie Entsorgungskosten. Und wenn wirklich entsorgt werden muss, können Sie ggf. durch Demontage deren Kosten auch noch senken oder gar Rohstoffe für den Weiterverkauf gewinnen.
    Vielfältige Value Added Services gibt es in diesem Zusammenhang: von Reinigung und Neuverpackung über die Funktionsprüfung oder (bei Elektronik & IT) Rücksetzung in den Werkszustand. Selbst kleinere Reparaturen sind als Value Added Service im Fulfillment möglich. Immer mit dem Ziel, möglichst viel Wert zu erhalten und die Gesamt-Kosten des Retourenmanagements zu senken. 

Eine große weitere Vielfalt von Ansätzen gibt es, Kosten durch Value Added Services zu sparen - oft auch durch optimierte Arbeitsprozesse, in denen Arbeiten an die effizienteste und (bezüglich der Gesamtkosten) günstige Stelle im Gesamtprozesse (eben oft ins Lager und Fulfillment) integriert werden, z. B. auch Montagearbeiten als Teilschritte in Produktionsabläufen.

Es lohnt sich also, sich mit Value Added Service, als Mehrwertleistungen zu beschäftigen, nicht nur aus Logistik-, sondern auch als Marketing- und Kostensicht.

Beispiele für Value Added Services in Lagerlogistik und Fulfillment

Typische VAS-Leistungen im Rahmen von Fulfillment und Lagerlogistik sind:

  • Assembling
  • Aufbereiten
  • Demontage
  • Displaybestückung/-bau
  • Einschweißen
  • Etikettierung
  • Folieren
  • Funktionsprüfung
  • Konfektionierung
  • Montage
  • Neuverpackung
  • Preisauszeichnung
  • Produktveredelung
  • Qualitätskontrollen
  • Refreshing
  • Reinigung
  • Reparatur
  • Setbildung (Bundling)
  • Umpacken
  • Verpacken
  • Zuschneiden
Nachhaltigkeit